Fotos von Anna Stöcher
Die Angst vor dem Schub
Margit Mezgolich inszeniert "Königin der Berge". (Wiener Zeitung)
Mit Daniel Wissers Erfolgsroman "Königin der Berge" bringt Regisseurin
Margit Mezgolich bereits die zweite Produktion ihres 2017 gegründeten
Ensembles Theater IG Fokus heraus. Die Wahl der Ottakringer
Kunsttankstelle als Spielort ist perfekt: ein sichtbetongrauer
trostloser Grundton, erfolglos aufgefrischt mit zitronengelben Wänden
und rostroten überdimensionalen "Zapfsäulen".
So sieht die Station am Ende des eigentlich noch jungen Lebens von
Wissers Antihelden Robert Turin (fein temperiert: Markus Zett) aus.
Einst kam er mit seinem Kater Dukakis in die Stadt, wurde Buchhändler,
dann EDVler. Dass die Neugründung EDV 2000 hieß, ist nur einer der
Zynismen seines Schicksals: Zur Jahrtausendwende ist die Firma für
Turin nämlich schon Geschichte. Mit Mitte 20 die Diagnose Multiple
Sklerose. Mit Mitte 30 die Selbsteinweisung ins Pflegeheim. Mit Mitte
40 zeigen die Schübe deutlich Richtung Tod - doch den will der
renitente Langzeitpatient gerne selbst bestimmen. Möglichst bald - und
idealerweise in anregender weiblicher Begleitung.
Agnes Hamvas’ Bühne besteht aus zwei mobilen Krankenbetten und jeder
Menge Rollstühlen, in denen ein Teil des Publikums während der
Aufführung - geschoben von drei wunderbar abgründigen Pflegeschwestern
- immer wieder die Plätze wechselt.
Mezgolichs Bearbeitung bleibt nahe an der Vorlage, klebt aber nie daran
fest und gibt Raum für fein getunter Spielszenen. Humorvoll, skurril
und böse, verliert die Inszenierung die Ernsthaftigkeit dennoch nie aus
den Augen.
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